Superstition – Dingwelten des Irrationalen
Symposion von Mittwoch,16. bis Samstag,19. November 2011
Nennen wir es derzeit noch einmal Aberglaube, was im November am Grazer Volkskundemuseum verhandelt wird. Am Ende der Tagung wird eine neue Begrifflichkeit für die wissenschaftliche Benennung jenes widerspenstigen Denkens, jenes religiös verankerten Rückgriffs auf Praktiken im Umgang mit der Natur zur individuellen Schicksalsbewältigung und den Welterklärungsmodellen erarbeitet sein, die von der Antike bis heute die offiziellen Lehren aus Religion, Naturwissenschaft und aufgeklärtem Denken begleiten und herausfordern, wenn nicht gar konterkarieren. Die Tagung ist der Abschluss des gleichnamigen Forschungsprojekts, das vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung im Rahmen des Förderschwerpunkts forMuse – Forschung an Museen (www.forMuse.at) unterstützt wurde. Hier versammeln sich namhafte Wissenschaftler/innen aus Kulturwissenschaften, Germanistik, Geschichte, Soziologie und Theologie des deutschsprachigen Raums, um die historischen wie zeitgenössischen Prägungen superstitiösen Denkens und Agierens im Spiegel ihrer eigenen Logik zu untersuchen, ihre Bruchstellen, Neudeutungen und Instrumentalisierungen festzumachen und ihr Potential als Rettungsanker in einer hemmungslos durchökonomisierten Welt auszuloten. Die abschließende Frage wird sein, wie diese – dinglich ungewöhnlich gut belegbare – „Abstellkammer des Denkens“ in der musealen Praxis dokumentierbar und vermittelbar ist.
Tagungsbeitrag: 30 Euro/Ermäßigung für Studierende 20 Euro
Information und Anmeldung online ab 8. August 2011:
http://www.museum-joanneum.at/de/volkskundemuseum/veranstaltungen_17/superstition
Kontakt: eva.kreissl@museum-joanneum.at
Programm Stand: 27.Juli 2011
Mittwoch, 16. November
Ab 15 Uhr Anmeldung im Tagungsbüro Volkskundemuseum
16.30 Stadtführung
19.30 Uhr
Begrüßung
Wolfgang Muchitsch, wissenschaftlicher Direktor des Universalmuseum Joanneum
Roswitha Orac-Stipperger, Sammlungsleiterin am Volkskundemuseum Graz
Johanna Rolshoven, Leiterin des Instituts für Volkskunde und Kulturanthropologie, Karl-Franzens-Universität Graz
Ursula Brustmann, Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung
Eröffnungsvortrag
Christoph Daxelmüller, Institut für Europäische Ethnologie, Universität Würzburg
Aberglaube – Überlegung zur Macht der Bilder und des bildhaften Denkens
Anschließend Empfang des Bürgermeisters im Rathaus
Donnerstag, 17. November
Moderation: Helmut Eberhart
09.00 – 10.15
Martin Scharfe, Institut für Europäische Ethnologie/Kulturwissenschaft, Universität Marburg (em)
Widerglaube
Zum kulturellen Doppelcharakter der Superstition
Angela Treiber, Institut für Europäischen Ethnologie/Volkskunde, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Zum Wandel der Diskurse um Superstition – Irrationalität – Spiritualität
Anton Distelberger, Universitätsbibliothek Wien
Das magische Narrativ
Eine semiotische Annäherung an die Wahrnehmung magischen Handelns
10.15 – 10.45 Diskussion
10.45 – 11.15 Pause
11.15 – 12.00:
Christian Bachhiesl, Hans-Gross-Kriminalmuseum der Universität Graz
Aberglaube und Kriminalwissenschaften
Der Positivismus der Kriminologen und ihre Rationalisierung des Irrationalen
Nicole Waibel, Institut für Europäische Ethnologie/Volkskunde, Universität Augsburg
„Anti-Aberglaubiana“ oder Mittel wider dem Aberglauben der Leute.
Zu einem volksaufklärerischen Diskurs im ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhundert.
12.00 – 12.30 Diskussion
12.30 – 14.30 Mittagspause
Moderation: Burkhard Pöttler
14.30 – 16.15:
Johann Tomaschek, Archiv & Bibliothek des Stiftes Admont
Benediktus-Segen und Benediktus-Medaille.
Theologische und frömmigkeitsgeschichtliche Bemerkungen zum benediktinischen Kreuzamulett
Elfriede Grabner, Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie, Universität Graz
Ein steirischer Arzt des 17. Jahrhunderts als Quelle für die magischen Praktiken seiner Zeit.
Elke Hammer-Luza, Steiermärkisches Landesarchiv Graz
Perlmilch, Krötenfuß und Menschenfett
Magische Elemente in der steirischen Volksmedizin des 18. und 19. Jahrhunderts.
Harald Stadler, Institut für Archäologien, Universität Innsbruck
Die „Heilerin von Strad“
Eine Sonderbestattung des 17. Jh. in Tarrenz, Tirol.
16.15 – 16.45 Diskussion
16.45 – 17.15 Tagesresümee: Elisabeth Katschnig-Fasch
19.00 Uhr
öffentlicher Abendvortrag
Karl-Heinz Göttert, Institut für Deutsche Sprache und Literatur, Universität Köln
Alltagsaberglaube und seine Kritik
Zur Entwicklung in den verschiedenen Domänen von der Antike bis zur Aufklärung
Anschließend Treffpunkt für Tagungsmitglieder in einem Grazer Altstadtlokal
Freitag, 18. November
Moderation: Eva Kreissl
09.00 – 10.15:
Andreas Obrecht, Commission for Development Studies (KEF), Austrian Partnership Program in Higher Education and Research for Development (APPEAR), Wien
Der magische Kreisel – Wissen ohne Zufall
Kulturanthropologische Überlegungen zur Säkularisierung von Wissensbeständen
Anette Weber, Hochschule für Jüdische Studien, Universität Heidelberg
Die Heil bringende Mazze
Jüdische und christliche Vorstellungen von der Wirkung des ungesäuerten Brotes
Andreas Hartmann, Seminar für Volkskunde/Europäische Ethnologie, Universität Münster
Alltagslogiken in der Popularmagie
Ein interkultureller Vergleich
10.15 – 10.45 Diskussion
10.45 – 11.15 Pause
11.15 – 12.00:
Eva Labouvie, Institut für Geschichte, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Hexenangst, zauberische und magische Praktiken um Schwangerschaft, Geburt und neu geborene Kinde
Sonja Bachhiesl, Hans-Gross-Kriminalmuseum der Universität Graz
Aberglaube und Kriminalität im Umfeld von Schwangerschaft und Geburt
12.00 – 12.30 Diskussion
12.30 – 14.30 Mittagspause
Moderation: Roswitha Orac-Stipperger
14.30 – 15.20:
P. Benedikt Plank, Stift St. Lambrecht
P. Romuald Pramberger – Mönch und Original
Michael Greger, Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie, Universität Graz
Zwischen Schlangenhaut und Nebenaus
„Superstitiosa“ aus der „Sammlung Pramberger“ im Benediktinerstift St. Lambrecht
15.20 – 15.50 Diskussion
15.50 – 16.20 Pause
16.20 – 17.30:
Adela Ramovš, Slowenisches Ethnografisches Museum, Ljubljana
Die Sammlung des Aberglaubens des Slowenischen ethnografischen Museums
Peter Keller, Dommuseum zu Salzburg
Glaube und Aberglaube
Bilder einer Ausstellung
Karl Berger, Tiroler Volkskunstmuseum Innsbruck
Musealisierte Sorgen
17.30 – 18.00 Diskussion
18.00 – 18.30
Tagesresümee: Bettina Habsburg-Lothringen
19.00 Uhr Führung durch das Volkskundemuseum
Anschließend Empfang des Vereins der Freunde des Volkskundemuseums
Samstag 19. November
Moderation: Johanna Rolshoven
09.00 – 10.15:
Bernd Rieken, Sigmund Freud Privat Universität Wien Paris
„Aberglaube“ in der psychoanalytischen Praxis
Gottfried Korff, Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaften, Eberhard-Karls-Universität Tübingen (em)
Der Rochusbesen
Zur Ethnografie einer pratique sauvage
Hubert Knoblauch, Institut für Soziologie, Technische Universität Berlin
Wünschelrutengehen und der Mythos der Entzauberung
10.15 – 11.00 Diskussion
11.00 – 11.30 Pause
11.30 – 12.00:
Eva Kreissl, Volkskundemuseum, Universalmuseum Joanneum, Graz
Gabriele Ponisch, Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie, Universität Graz
Superstition – Dingwelten des Irrationalen
Ein Forschungsprojekt und seine Folgen für das Museum
12.00 – 13.00 Abschlussdiskussion