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cfp: Eingreifen, Kritisieren, Verändern!? Ethnographische und genderkritische Perspektiven auf Interventionen: 30.6.-2.7.2011 (Deatline: 10.12.2010)

13. Arbeitstagung der Kommission Frauen- und Geschlechterforschung in der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde (dgv)

 _Eingreifen, Kritisieren, Verändern!? Ethnographische und genderkritische Perspektiven auf Interventionen_

Kommission Frauen- und Geschlechterforschung in der dgv in Kooperation mit dem Institut für Europäische Ethnologie, Humboldt Universität zu Berlin, und dem Institut für Europäische Ethnologie/Kulturanthropologie, Universität Göttingen

Termin: 30.6.-2.7.2011
Ort: Institut für Europäische Ethnologie, Humboldt-Universität zu Berlin

Engagierte und kritische Wissenschaft, künstlerische Projekte im öffentlichen Raum und die Hinwendung zur Praxisorientierung – der Anspruch, in Bestehendes hineinzuwirken, hat in den letzten Jahren (erneut?) an Bedeutung gewonnen. Vielfältige Formen des Kritisierens, Eingreifens und Veränderns sind unter dem Stichwort „Interventionen“ versammelt. Einerseits wirkt das Label „Intervention“ hier fast wie ein Freibrief, der kritische Befragung und theoretische Reflexion erst gar nicht aufkommen lässt. Andererseits scheinen die Möglichkeiten von Anwendungsorientierungen und wissenschaftlich fundierten Praxisformen noch nicht ausgeschöpft. Die 13. Arbeitstagung der Kommission Frauen- und Geschlechterforschung in der dgv lädt zur Diskussion über Möglichkeiten, Potentiale und Grenzen eingreifender Wissenschaftspraxen aus empirisch kulturwissenschaftlicher/europäisch ethnologischer Perspektive ein.

Dies bietet sich auch vor dem Hintergrund der Geschichte der – insbesondere auch disziplinären – Geschlechterforschung an, die im Kontext der Frauenbewegung entstand und geprägt ist von Utopien wie Praktiken des eingreifenden Handelns. Letztlich kann die Frauen- und Geschlechterforschung als fortlaufende Intervention gelesen werden: als immer wieder neu perspektiviertes Eingreifen in bestehende Wissensordnungen und Denkweisen, als stetes Bestreben, etablierte Wahrnehmungs- und Beschreibungsmodi der sozialen Welt zu durchbrechen, um Handlungsräume zu öffnen. Dabei trat und tritt feministisch orientierte empirische Forschung häufig mit dem Anspruch an, sich in gesellschaftliche Verhältnisse einzumischen, emanzipative Politiken zu stützen und mit und im Interesse der Beforschten zu arbeiten. Gerade auch die ethnographisch bzw. historisch arbeitende Geschlechterforschung war immer wieder Ort der Aushandlung über Aus- und Einschlüsse, begleitet von Diskussionen über Effekte von Parteilichkeit und der Positioniertheit der eigenen Wissensproduktion.

Formen und (Un-)Möglichkeiten der „Intervention“ mit ihren jeweiligen Geschichten, die damit verbundenen Vorstellungen zum Verhältnis von Wissenschaft und Politik bzw. Praxis sowie die darin aufscheinenden Utopien wie Dystopien sollen ins Zentrum der Vorträge, Diskussionen und Workshops der 13. Arbeitstagung der Kommission Frauen- und Geschlechterforschung gerückt werden – mit dem Ziel, Handlungsräume einer empirisch kulturwissenschaftlichen Geschlechterforschung in der gegenwärtigen Gesellschaft auszuloten.

Wir bitten daher um Beitragsvorschläge zu folgenden Feldern und Aspekten des Oberthemas Interventionen:

  • Erstens wollen wir danach fragen, wie das Potential alltagsweltlicher Interventionen in seiner Komplexität mit ethnographischen/empirischen Methoden beschrieben und kulturanalytisch theoretisiert werden könnte.
    Was kann Intervenieren meinen, wenn die Kontingenz und Komplexität des Sozialen immer augenscheinlicher und Parteinahmen dadurch zunehmend ambivalenter werden? Wie können Asymmetrien, die zwischen Forscher_innen und Beforschten notwendig bestehen, angemessen reflektiert und vermittelt werden? Wie können wir umgekehrt auf Anforderungen reagieren, „verwertbares“ Wissen zu produzieren, wie grenzen sich kritische Interventionen von dieser Evaluationslogik ab und welche Rolle spielen Prozesse des Wissenstransfers in diesem Feld? Wie können Widerstandsformen und Handlungsräume kulturtheoretisch fundiert beschrieben werden?
  • Zweitens und daran anschließend wollen wir die Interventionen einer kritischen Revision unterziehen, die – früher wie gegenwärtig – mit dem Anspruch des „Agierens für“ oder im Modus des „Handeln mit“ auftreten. efragt sind Erfahrungsberichte und kritische Analysen der Interaktion zwischen Forscher_innen und Beforschten, zwischen „Praktiker_innen“ und „Wissenschaftler_innen“, zwischen Kunst und Wissenschaft, die diese und andere Formen des Dazwischens – aus geschlechtertheoretischer, postkolonialer, queerer Perspektive – in den Blick nehmen. Wie korrelieren normative bzw. politische Zielsetzungen mit Epistemologien und Methodologien der Europäischen Ethnologie/Kulturanthropologie/Volkskunde und wo treten sie in Widerspruch zueinander?
  • Drittens sollen Formen wie Effekte feministischer Intervention in die Europäische Ethnologie/Kulturanthropologie/Volkskunde genauer in den Blick genommen werden: Wie wurde durch feministische, gendertheoretische, auf Weiblichkeit, Männlichkeit und Geschlechterarrangements zielende Perspektivierungen das Fach neu vermessen? Wie wirkte das Verhältnis zu Frauenbewegungen in geschlechtersensible oder/und frauenaffine Wissenschaftskritik hinein?
    Mt diesen Stichworten laden wir zu einem fachgeschichtlichen Rückblick ein, der – auch vor dem Hintergrund gegenwärtiger Interventionen in die Gender Studies zum Beispiel aus rassismustheoretischer, postkolonialer und queerer Perspektive – Formen und Effekte der Geschlechterforschung im Fach befragt.
  • Und viertens schließlich interessiert uns, wie die enge Verbindung zur Frauenbewegung bzw. zu anderen sozialen Bewegungen in Forschungsagenden wie -designs der empirischen Kulturwissenschaft/Europäischen Ethnologie hineinwirkte und dabei Epistemologien wie Methodologien strukturierte, um daran anknüpfend nach dem gegenwärtigen Verhältnis zu politischen Bewegungen zu fragen: Wo sind Synergieeffekte zu verzeichnen, wo wirken politische normative Ordnungen hemmend auf ethnographisches Arbeiten? Wie wirken im Umkehrschluss erreichte Institutionalisierungen der rauen- und Geschlechterforschung/Gender Studies auf intervenierendes Handeln zurück? Gesucht werden auch hier Erfahrungsberichte und Analysen ethnographischen/historischen Arbeitens in politischen bzw. gesellschaftlichen Konfliktfeldern, die Antworten darauf bieten, wie das Spannungsverhältnis von Politik und Wissenschaft produktiv gemacht wurde und/oder werden kann bzw. wo die Zusammenarbeit scheitert(te).

Bei der geplanten Tagung sollen Diskussionen und wechselseitige Kommentierungen im Zentrum stehen. Neben „klassischen Vortragsformaten“ sind auch Kurzpräsentationen, Kommentare, Streitgespräche, und anderes geplant. Die Vorbereitungsgruppe wird nach dem Eingang der Beitragsvorschläge überlegen, wie die Tagung im Sinne einer möglichst ergiebigen Diskussion gestaltet werden könnte. Die Papiere sollen im Vorfeld zirkuliert werden, und es sind ausdrücklich Vorschläge für Workshops oder Formen der Intervention erwünscht.

Wir freuen uns über Vorschläge für Vorträge und/oder Workshops aus allen empirisch arbeitenden Sozial- und Kulturwissenschaften. Die Abstracts in einer Länge von max. 2000 Zeichen sollen Fragestellung, empirischen Hintergrund und Thesen deutlich machen sowie kurze Angaben zur Person enthalten.

Bitte senden Sie Vorschläge bis zum10.12.2010 an beate.binder@rz.hu-berlin.de

Eine Publikation der Beiträge ist geplant.

Konzeption und Organisation:
Vorbereitungsgruppe des Instituts für Europäische Ethnologie, HU: Beate Binder, Manuela Bojadzijev, Katrin Ebell, Ute Frings-Merck, Anika Keinz, Tillie Kluthe, Michi Knecht, Todd Sekuler, Fred von Bose Kommission Frauen- und Geschlechterstudien: Sabine Hess

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