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Call: Orientieren & Positionieren, Anknüpfen & Weitermachen: Wissensgeschichte der Volkskunde/Kulturwissenschaft in Europa nach 1945

Eine Tagung der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde (SGV) und des Vereins für Volkskunde (VfV), Wien

Österreichisches Museum für Volkskunde, Wien, 16. bis 18. November 2017

Deadline: 31. Oktober 2016 Call for Papers_english

…and would in a few years make all Europe, or the greater part of it,

as free and as happy as Switzerland is today.

Am 19. Dezember 1946 hielt Winston Churchill vor akademischem Publikum seine „Europa-Rede“, in welcher er für den zerstörten Kontinent ein Konzept der „European Family in a regional structure“ entwarf und einen Zusammenschluss jenseits nationalistischer Tendenzen proklamierte. Dass der einflussreiche Politiker ausgerechnet an der Universität Zürich sprach, unterstreicht die Rolle und die Darstellung der Schweiz als transnationales, vielfach genutztes und gedeutetes Leitbild der unmittelbaren Nachkriegszeit. Gerade für die „kleinen Nationen“ (Churchill) wie Österreich diente die Schweiz in den komplexen staatlichen wie regionalen Selbst- bzw. Identitätsfindungsprozessen nach 1945 als Orientierungs- und Positionierungshilfe.

Fast gleichzeitig und mit der praktisch gleichen Funktion bot Richard Weiss‘ Grundriss Volkskunde der Schweiz (1946) dem Fach Volkskunde in den NS-korrumpierten Ländern Ausgangspunkt zu einem disziplinären Neustart. Den AkteurInnen der Schweizer Volkskunde wurde europaweit quasi eine Moderatorenrolle für die Neuorientierung des Faches in Epistemologie, Methoden und Fachkonzeption zugesprochen. Zugleich verbanden sich mit den „Schweizern“ auch Hoffnungen auf eine Weiterarbeit in bestehenden persönlichen wie institutionellen Netzwerken. Insofern sagt das Bild einer „neutralen Schweizer Volkskunde“ viel über disziplinäre Verhältnisse nach 1945 aus.

Die Tagung der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde und des Vereins für Volkskunde in Wien nimmt diese gesellschaftsrelevanten wie wissenschaftsstrategischen „Schweiz-Bilder“ zum Ausgangspunkt kulturwissenschaftlicher Reflexionen über Aspekte von Internationalisierung bzw. Europäisierung, von nationaler- und regionaler Konzeption des fachlichen Wissens in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Die in solche Erzählungen eingeschriebenen Vorstellungen von Peripherie und Zentrum volkskundlich-kulturwissenschaftlicher Wissensproduktion und ihre hohe Wirkmächtigkeit sollen analysiert werden. An der volkskundlichen Fach-, Wissens- und Institutionengeschichte lassen sich diese vielfältig politischen Prozesse nachzeichnen, die in Österreich etwa am Volkskundemuseum in Wien zu finden sind. Das Österreichische Museum für Volkskunde ist auch Veranstaltungsort der Tagung 2017.

Im analytischen Nachvollzug von Strategien, Praktiken und Allianzen der Wissenskonstruktion will die Tagung die Frage nach den Funktionen dieses volkskundlich-kulturwissenschaftlichen Wissens im jeweiligen gesellschaftsgeschichtlichen Kontext stellen und zentral positionieren.

Erwünscht sind empirisch dichte Beiträge zu:

–          Funktionen und Funktionsweisen volkskundlich-kulturwissenschaftlichen Wissens nach 1945 (z.B. Nationbuilding, regionale Selbstvergewisserungen, soziale Identitätsprozesse, politische Zuordnungen)

–          Möglichkeiten, Wirkungen und Grenzen von (fach)politischen Leitbildern (z.B. Europa-Idee, Schweiz-Bilder, nationalstaatliche Neuordnungskonzepte, Richard Weiss und seine Werke, 1945 als „Bruch“ der (Wissens)Geschichte, hegemoniale Narrative der fachhistorischen Entwicklung)

–          persönlichen wie kollektiven Positionierungen, Verbindungen, Verflechtungen im wissenschaftlichen oder auch wissenschaftspolitischen Feld (z.B. Atlasprojekte, Sammlungsgeschichten, biographische Beiträge und Institutionengeschichten)

–          (In-)Kongruenz von politisch/ideologischen Zielsetzungen und wissenschaftlichen Themen/Methoden/Praktiken (z.B. Aufrufe zu volkskundlichen Arbeiten, Erstellen von regionalen Brauchtumsinventaren, Hausforschung, internationale/europäische Pflugforschung) bzw. wissenschaftliche Raumbezüge (z.B. alpine Forschung).

Die Tagung findet voraussichtlich vom 16. bis 18. November 2017 in Wien statt.

Es ist geplant, die Ergebnisse der Tagung in einem Band zu veröffentlichen. Wir sind bemüht, die Kosten für Fahrt und Unterkunft für die Vortragenden zu übernehmen.

Bei Interesse reichen Sie bitte bis zum 31. Oktober 2016 ein Abstract von maximal 300 Wörtern für einen Vortrag in Deutsch oder Englisch inklusive eines kurzen CVs bei Birgit Johler (birgit.johler@volkskundemuseum.at) und bei Konrad Kuhn (konrad.kuhn@unibas.ch) ein.

OrganisatorInnen:

Dr. Sabine Eggmann, Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde (SGV), Basel/CH

Mag.a Birgit Johler, Österreichisches Museum für Volkskunde, Wien/A

Dr. Konrad Kuhn, Seminar für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie, Universität Basel/CH

Mag.a Magdalena Puchberger, Institut für Europäische Ethnologie, Universität Wien/A

Bei Rückfragen kontaktieren Sie bitte:

Mag.a Birgit Johler

Österreichisches Museum für Volkskunde

Laudongasse 15-19

A-1080 Wien

birgit.johler@volkskundemuseum.at

Dr. Konrad Kuhn

Seminar für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie

Universität Basel

Rheinsprung 9/11

CH-4051 Basel

konrad.kuhn@unibas.ch

 

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