Über den Wert der Fotografie. Wissenschaftlichen Kriterien für die Bewahrung von Fotosammlungen
Eine internationale und interdisziplinäre Tagung.
Freitag, 23. und Samstag, 24. März 2012, CH-5001 Aarau
Tagungsort: Grossratsgebäude, Obere Vorstadt 10
www.wertderfotografie.ch
Die Tagung richtet sich an alle Forschungsrichtungen, die sich mit Fotografie und der Archivierung, Erschliessung und Nutzung von Fotobeständen beschäftigen, und an Archiv-, Bibliotheks- und Museumsfachleute.
Durchführung:
Seminar für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie der Universität Basel
Staatsarchiv des Kantons Aargau
Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde (SGV)
Mit der digitalen Wende hat die analoge Fotografie ausgedient. Der Bestand an analogen Aufnahmen wird zukünftig nur noch geringfügig wachsen. Damit ändert sich der Blick auf die analoge Fotografie: Einerseits entledigen sich Fotografen und insbesondere Firmen der platzintensiven Fotoarchive – was digital nicht vorhanden ist, wird nicht mehr gebraucht. Andererseits erfährt die analoge Fotografie eine grosse Aufmerksamkeit von Seiten der Sammler und der an alten Aufnahmen interessierten Laien, aber auch der Forschung.
Museen, Bibliotheken und Archive, die den Grossteil der erhaltenen analogen Fotografien aufbewahren, stehen daher seit einiger Zeit vor einer grossen Herausforderung: Ihre Sammlungen wachsen stetig und teilweise exponentiell an. Und zugleich steigt die Nachfrage nach Digitalisierungen, um die Bilder besser zugänglich zu machen. Es ist die Aufgabe dieser Institutionen, die Fotografien in ihren unterschiedlichen Verwendungsweisen und Entstehungskontexten zu erhalten und der Wissenschaft und dem interessierten Publikum zugänglich zu machen. Mit der massenhaften Produktion von Fotografien im 20. Jahrhundert ist die Bewahrung und Erschließung der Fotografie in ihrer gesamten Bandbreite zu einer kostspieligen Aufgabe geworden, welche in Zukunft nur über eine Bewertung der Archivwürdigkeit gelöst werden kann.
Es stellt sich daher die Frage, welche Fotografien archivwürdig und somit erhaltenswert sind und welche nicht. Diese ist nicht einfach zu beantworten, da die Fotografie nicht nur als ästhetisches Produkt gesehen werden darf, sondern ebenso als Medium der Kommunikation und des Wissenstransfers zu gelten hat. Die Bewertung von Fotografien ist ein komplexes Unternehmen und auch abhängig von den Zielsetzungen und den Möglichkeiten der aufbewahrenden Institutionen, die den Schwerpunkt oft entweder auf die dokumentarische oder auf die künstlerisch-ästhetische Bedeutung legen. Zudem wirken sich konservatorische Massnahmen auf die Kosten aus, weshalb die technischen Aspekte der Bewertungsfrage nicht zu vernachlässigen sind.
Ziele der Veranstaltung
In den Bildagenturen ist die Triage und Kassation von Bildern Alltag; in Museen, Bibliotheken und Archiven werden solche Massnahmen intern diskutiert und teilweise umgesetzt, doch öffentlich ist die Bewertung von Fotografien ein „heisses Eisen“. Die Forschenden würden am liebsten nichts und die Finanzchefs am liebsten fast alles wegwerfen.
Ziel der Veranstaltung ist es, das Tabu der Bewertung von Fotografien aufzubrechen und die Chancen und Risiken, Möglichkeiten und Grenzen der Bildarchive auszuloten und zu diskutieren. Dabei stehen mögliche Kriterien für die Bewertung von grossen Fotobeständen im Vordergrund. Forschende aus verschiedenen Disziplinen und Fachleute aus Archiven, Museen und Bibliotheken stellen ihre Position zur Diskussion.
Die Tagung wird zweisprachig deutsch/französisch durchgeführt. Sollten Sie eine Übersetzung wünschen, so vermerken Sie dies bitte bei der Anmeldung, eine Simultanübersetzung ist vorhanden.
Programm
Ort: Grossratssaal Aarau, Obere Vorstadt 10, CH-5001 Aarau
Abendveranstaltung: Aargauer Kunsthaus, Aarau
Freitag 23. März 2012
09.00 Eröffnung des Tagungsbüros
09.30 Grusswort Andrea Voellmin, Staatsarchivarin Kanton Aargau
09.45 Grusswort Walter Leimgruber, Leiter des Seminars für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie der Universität Basel
Moderation Andrea Voellmin
10.00 – 10.30 L’évaluation des collections photographiques: Un diagnostic essentiel à la conservation
Marie Beutter, Elodie Texier-Boulte, Konservatorinnen, Konservierungs- und Restaurierungsatelier Paris
10.30 – 11.00 Wem gehört das Bild von Wachtmann Meili? Über die Rechte an Pressefotografien“
Andreas Ritter, Anwalt, Ritter & Partner Rechtsanwälte
11.00 – 11.30 Pause
11.30 – 12.00 Die Bedeutung der Bewertung für die Fotografiegeschichte und Agentur- und Pressefotografie.
Bernd Weise, Fotoexperte, Gutachter und Publizist, Berlin
12.00 – 12.30 Et si „tout“ pouvait nous amener à „rien“?
Jean-Marc Yersin, Mitglied des Kompetenznetzwerks Fotografie Memoriav
12.30 – 14.30 Mittagspause
Moderation: Markus Schürpf
14.30 – 15.00 Das visuelle Erbe – ein Produkt des Zufalls und der Überlieferungsbildung
Nora Mathys, Leiterin Ringier Bildarchiv, Staatsarchiv Aargau
15.00 – 15.30 Collections Roger-Viollet – Les inventaires avant toute chose
Delphine Desveaux, Direktorin der Sammlungen, Parisienne de photographie
15.30 – 16.00 Pause
16.00 – 16.30 Valeur esthétique, valeur documentaire: Où situer la frontière?
Olivier Lugon, Professor an der Abteilung Geschichte und Ästhetik des Films der Universität Lausanne
16.30 – 17.00 Virtualität versus Materialität. Kann die Digitalisierung Originale für die Langzeitarchivierung ersetzen? Rudolf Gschwind, Leiter des Imaging and Media Lab, Universität Basel
Ort: Aargauer Kunsthaus
18.00 – 18.15 Grusswort von Hans Ulrich Glarner, Abteilungsleiter Kultur Kanton Aargau
18.15 – 19.00 Künstlerischen Strategien im Umgang mit dem Ringier Bildarchiv
Madeleine Schuppli, Direktorin Aargauer Kunsthaus
19.15 – 20.00 Der Archivar als Fotograf
Pius Knüsel, Direktor Pro Helvetia
Samstag 24. März 2012
Moderation: Walter Leimgruber
09.00 – 09.30 „Great service, too, will the pla
n and truthful records of Photography afford to the historian of future ages.“
Jens Jäger, Privatdozent am Historischen Institut an der Universität Köln
09.30 – 10.00 L’évaluation de la photographie par la valorisation au musée
Carole Sandrin, Konservatorin, Musée de l’Elysée
10.00 – 10.30 Pause
10.30 – 11.00 Gebrauchsformen des Archivs. Überlegungen zur Wahrung und Nutzung des Ringier-Bildbestands aus medienwissenschaftlicher Sicht
Matthias Christen, Professor für Medienwissenschaft, Universität Bayreuth
11.00 – 11.30 La photographie de presse: une approche nécessairement archivistique
Gilbert Coutaz, Staatsarchivar Kanton Waadt
11.30 – 12.30 Schlussdiskussion
Anmeldung bis am 5. März 2012
via www.wertderfotogafie.ch oder: fotografie-tagung[at]unibas.ch oder: Seminar für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie, Wert der Fotografie, Spalenvorstadt 2, Postfach, 4003 Basel.
Tagungskosten
120 CHF/95 Euro, Studierende 50 CHF/40 Euro